Begutachtung

Nach der Antragstellung beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD) oder einen anderen unabhängigen Gutachter mit einer Begutachtung der beantragten Pflegebedürftigkeit und der Feststellung des individuellen Hilfebedarfs. Der Gutachter des MD besucht den Antragsteller in der Regel an dessen ständigem Aufenthaltsort, also z.B. in der eigenen Wohnung, auch im Zuhause eines pflegenden Angehörigen oder auch im Pflegeheim. Wichtig ist deshalb, dass die Pflegekasse und der Gutachter über den aktuellen Aufenthaltsort informiert sind. Der Begutachtungstermin durch den MD o.ä. wird schriftlich angekündigt.

Eine möglichst zeitnahe Entscheidung über diesen Antrag wird angestrebt. Erfolgt binnen vier Wochen nach Antragstellung keine Begutachtung durch den MD, hat die Pflegekasse die Pflicht, mindestens drei andere Gutachter mitzuteilen. Fehlt fünf Wochen nach Antragstellung die Entscheidung der Pflegekasse noch immer, hat diese die Verzögerungen grundsätzlich zu vertreten und muss für jede angefangene Woche der Fristüberschreitung 70 Euro an den Antragsteller leisten. Dies gilt nicht für Antragsteller mit einem Pflegegrad und wenn sie sich in einer stationären Pflege befinden.

Der Besuchstermin des Gutachters ist ausschlaggebend für die beantragte Einstufung in einen Pflegegrad. Deshalb sollte dieser Termin von dem Antragsteller gut vorbereitet sein. Der Gutachter wird Informationen zur Krankengeschichte, Angaben zur Pflegeperson, zur Wohnsituation, zu bereits vorhandenen Hilfsmitteln und über täglich notwendige Hilfsleistungen erheben.

Für den Besuch gilt deshalb, dass:

  • Angehörige und auch ein fachkundiger Beistand (z.B. ein ambulanter Pflegedienst), die mit der persönlichen Situation des Antragstellers vertraut sind, anwesend sind, um notwendige Hilfeleistungen und auch bestimmte Handlungsschritte verdeutlichen zu können.
  • Ab spätestens zwei Wochen vor dem Besuch ein Pflegetagebuch geführt wird, um so die täglichen schon erbrachten Pflege- und Hilfeleistungen zu dokumentieren. Auch erst auf den zweiten Blick erkennbare Hilfen, wie z.B. das Verlassen der Wohnung für Arztbesuche, sind zu berücksichtigen. Mögliche Pflegeerschwernisse, wie z.B. hohes Körpergewicht des Pflegebedürftigen, Pflege nachts o.ä., gilt es festzuhalten. Das Pflegetagebuch stellt einen wichtigen Beleg für den Nachweis des tatsächlichen Pflegebedarfs dar!
  • Alle Dokumente, die eine Pflegebedürftigkeit belegen können, wie etwa Hausarzt-, Facharzt- und Krankenhausberichte, aber auch eine Liste aller regelmäßig einzunehmenden Medikamente, bereit gelegt werden.
  • Aus falscher Scham für die Begutachtung sollten wichtige Einschränkungen bei der Bewältigung des Alltags weder verschwiegen noch beschönigt werden.

In dringenden Fällen kann abweichend von dem Regelverfahren auch eine Eilbegutachtung im Krankenhaus durchgeführt werden. Nach Aktenlage wird dabei entschieden, ob nach Beendigung des Krankenhausaufenthaltes ein Anspruch auf einen Pflegegrad entsteht. Die endgültige Entscheidung erfolgt später nach der Entlassung aus dem Krankenhaus durch die Begutachtung des MD in dem dann maßgebenden Wohnumfeld.

Das Ergebnis seiner Prüfung (das Pflegegutachten) übermittelt der beauftragte Gutachter an die Pflegekasse. Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dieses Gutachten zugesandt zu bekommen.

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