Pflege durch erwerbstätige Angehörige

Viele pflegebedürftige Menschen haben den Wunsch, durch vertraute Angehörige in ihrem gewohnten Umfeld versorgt zu werden. Dies hat zu der Entwicklung geführt, dass die Familie inzwischen den mit Abstand größten „Pflegedienst“ darstellt. Mehr als zwei Drittel der etwa 2,4 Mio. anerkannt Pflegebedürftigen werden von – meist weiblichen – Angehörigen zu Hause versorgt.

Seit 2008 wurden die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege immer weiter verbessert. Es existieren nunmehr drei Möglichkeiten:

  • Bei unerwartetem Eintritt einer besonderen Pflegesituation haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Tage (Notfalltage) der Arbeit fern zu bleiben, um die sofortige Pflege eines nahen Angehörigen sicherzustellen (kurzzeitige Arbeitsverhinderung).
  • Zu einer längeren Pflege in häuslicher Umgebung können berufstätige Angehörige von pflegebedürftigen Personen durch eine vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeit bis zur Dauer von sechs Monaten den Umfang ihrer Erwerbstätigkeit dem jeweiligen Pflegebedarf anpassen (Pflegezeit). Der Freistellungsanspruch gilt gegenüber Arbeitgebern mit 15 oder mehr Beschäftigten. Die Pflegebedürftigkeit muss durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes nachgewiesen werden.
  • Die Familienpflegezeit mit besonderem Kündigungsschutz sorgt für mehr zeitlichen Spielraum für die Pflege von nahen Angehörigen. Die Familienpflegezeit verschafft einen Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden wöchentlich für maximal 24 Monate. Eine vollständige Freistellung von der Arbeit ist nicht möglich. Die Wochenarbeitszeit von 15 Stunden muss aber nur im Jahresdurchschnitt erreicht werden, wodurch „Blockmodelle“ oder je nach Pflegebedarf und Versorgungssituation schwankende Arbeitszeiten möglich werden. Der Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit gilt nicht gegenüber Arbeitgebern mit 25 oder weniger Beschäftigten. Zur Finanzierung der Auszeiten können Beschäftigte ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen, um den Lohnausfall abzufedern.

Die rechtlichen Möglichkeiten der Sicherstellung einer häuslichen Pflege in unterschiedlichen Pflegesituationen (Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege) sind in den folgenden Kapiteln im Detail erläutert.

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